Let the Corpses Tan
@spreiselbeerle INFOLaissez bronzer les cadavres oder auch Let the Corpses Tan ist ein Gangsterscharmützel, das einem Sufftraum des Dudes (The Big Lebowski) in vielen Facetten sehr nahe kommt und für mehr Kurzweil sorgt, als der Trailer erahnen lässt.
Irgendwo in Frankreich, inmitten alter Ruinen und mit Aussicht auf einen wunderschönen Meerblick, verschanzt sich ein Gangstertrio nach erfolgreich verrichtetem Überfall auf einen Goldtransport. Die Zahl der Opfer ist überschaubar und der Plan der Drei scheint aufgegangen zu sein. Doch ist das nur der Aufhänger für zahlreiche Verwicklungen ins Verderben dieser Antihelden, die letztlich nicht mehr als Bauernopfer auf dem Schachbrett des Schicksals sind.
Bereits in Amer und dem hübsch bebilderten The strange colours of your body’s tears behandelte das Regie-Duo Hélène Cattet und Bruno Forzani das Thema Selbstbestimmung und die subjektive Wahrnehmung dessen. In Let the Corpses Tan nehmen die beiden sich und ihre Figuren (für mein Empfinden) weniger ernst, das Thema bleibt dabei unverrückbar im Fokus.
Mit der Schnittgeschwindigkeit eines Spun und den gewollt unperfekten Einstellungen im ersten Drittel lautet die Botschaft eindeutig: "Jo, wir haben uns ein wenig mit Kunstkacke beschäftigt. Lehn' Dich einfach zurück, wir machen das schon".
Lässt man sich auf die Machart des Werks und die Persiflage auf Kunstfilme im Allgemeinen ein, unterhält Let the Corpses Tan enorm gut. Zitiert werden Genres wie Western / Kriminalfilme der 60er, gepaart mit Argento-eskem Zeitvertreib.
Doch nerven die nackten Brüste als Referenz auf Giallo-Filme nicht und übertrieben viel Geblute kann man den Machern auch nicht vorwerfen. Die Mischung aus zweckmäßiger Zurschaustellung und nahezu perfekten Bildern ist wirklich beachtenswert.
Mir gefällt an Let the Corpses Tan das Tempo des Films, wobei dies Fluch und Segen sein kann: Dem einen mögen die schnellen Schnitte in den Betrachtungen einer Situation aus verschiedenen Blickwinkeln Kurzweil bereiten, mach anderer mag dies bei der Lauflänge von 90 Minuten als anstrengend empfinden.
Auch gelungen sind die Orte der Handlung. Obgleich sie spärlich ausfallen und somit der Eindruck eines Kammerspiels mitschwingt, haben die Figuren in der ersten Hälfte viel Spielraum für ihre Handlungen und Wege. So wirkt der Beginn der Schießerei im offenen Areal bedrückend und lässt gleichzeitig viele Spekulationen über den Handlungsverlauf zu. So wird das Geschehen nahezu nie langweilig.
Schließlich ist die Experimentierfreude der Macher und die schicke Kameraarbeit lobend zu erwähnen. Der Mut zur Hässlichkeit im Kontrast zu den präzise entworfenen Bildern lässt Fans von Kunstfilmen schmunzeln.
Fazit: Diese Kunstkacke sollte man gesehen haben, da die Mischung aus Hirn, Action und Humor sehr unterhält.