Lost In Space (2018)

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Bereits 1719 erschien der Roman Robinson Crusoe von Daniel Defoe. Seither sind derart viele Varianten des Themas in unterschiedlichen Medien erschienen, dass man das gesamte Genre um den einsamen Schiffbrüchigen nach dem Ursprungswerk benannt hat: "Robinsonade".
Zu eben einer solchen bricht im Jahr 2046 (passenderweise) die Familie Robinson auf – nicht auf eine einsame Insel, sondern, wie der Titel verrät, ins Weltall.

Und auch die Idee, um nicht einen einzelnen Schiffbrüchigen, sondern gleich eine ganze Familie allein auf hoher See / im Weltall, ist nicht eben neu. Ihren Ursprung hat sie in dem Roman Der Schweizerische Robinson oder der schiffbrüchige Schweizer-Prediger und seine Familie aus dem Jahr 1812, und sie wurde – nach Adaptionen als Spielfilm (1960), Comicreihe (1962), TV-Serie (1965-68) und noch einmal als Spielfilm (1998) – für das Jahr 2018 erneut aufgegriffen, auf Hochglanz poliert und die erste Staffel der neuen Serie ist seit dem 13. März beim Streamingdienst Netflix anzuschauen.

Dies sei vorausgeschickt: Wer mit dem Reboot des hinlänglich bekannten Stoffes nur eine modernere Gewandung der altbekannten Figuren erwartet, wird an dieser Adaption nicht viel Freude haben. Neben dem Skelett und einigen weiterführenden Grundmotiven haben Autoren und Produzenten nicht allzu viel "Fleisch" an der einstmals heiteren Abenteuergeschichte gelassen. Die Grundtonalität allgemein hat sich merklich in Richtung düster verschoben, und die Hauptcharaktere speziell schlagen sich allesamt und jeder für sich mit inneren Konflikten herum. Bye bye happiness...

Da ich jedoch nicht der größte Fan von Friede-Freude-Eierkuchen-Abenteuerismus bin, hat mich diese Form der Neuverwurstung durchaus positiv überrascht. Und das nicht nur durch Belange der jeweiligen Charakterentwicklung, sondern auch durch die filmische Erzählweise. Dazu muss ich ein wenig ausholen.
Ich bin ein bekennender Gegner der Flashback-Erzählweise, so wie sie in den letzten Jahren angewendet wurde und sich geschwürartig in der Filmlandschaft ausgebreitet hat: Der Höhepunkt oder die Zuspitzung eines Plots wird zunächst angeteast und anschließend wird in Flashbacks endlos ausgebreitet, was sich in den Stunden/Tagen/Wochen/Monaten/Jahren vor diesem Zeitpunkt ereignet hat – von der Laktose-Intoleranz des Helden, bis hin zu seinen eingewachsenen Zehennägeln und was er ansonsten noch an Problemen mit sich herumträgt. Häufig genug ist dieser Autorenkniff nicht nur furchtbar langatmig, sondern trägt frustrierend wenig bis teils gar nichts zur Entwicklung der Geschichte bei und er dient allein dem niederen Zweck, ein zu dünn geratenes Script um einige Seiten aufzublasen. Besonders bei neueren Serien oder Miniserien wird immer wieder von diesem Kniff Gebrauch gemacht. Ich kann nicht oft genug betonen, wie unfassbar mir diese Technik auf die Nüsse geht.

Jetzt kommt meine Überraschung in Bezug auf Lost In Space: Hier wimmelt es nur so von Flashbacks und es ist nicht nur so, dass sie mich nicht stören, nein, ich finde sie sogar sinnvoll! Der Hauptplot wird nicht unnötig lange verlassen, sondern man stößt während desselben immer wieder einmal auf z.B. die fragwürdige Entscheidung einer Figur – Schnitt, Flashback. In diesem Flashback, der niemals länger als ein paar Minuten dauert, wird nun deutlich, warum die Figur die fragwürdige Entscheidung gefällt hat. Schnitt, Rückkehr zum Hauptplot. Genau so funktioniert das Rückschaugebimse sogar für mich. Es verleiht den Figuren Tiefe und treibt die Story voran.

Overall:
• Wertige Gesamterscheinung mit ordentlichen SFX und größtenteils solidem Storytelling (es gibt hie und da einige Löcher in der Logik, über die hinwegzusehen ich aber gerne bereit war).
• Guter Cast, von dem ich besonders Parker Posey (Dr. Smith) erwähnen möchte, die in der Rolle des Villain einen Superjob macht: nicht dieser Klischeescheiß á la "der mit den zusammen gewachsenen Augenbrauen muss der Bösewicht sein" – nee, der würdest Du ohne groß nachzudenken Deine letzte Kippe überlassen. Klasse!
• Dass das Ding nichts für Hardcore-Fans der Serie von 1965 ist, hatte ich bereits angedeutet.
• Zu beurteilen, ob es nun trotz der etwas (aber nicht zu) düsteren Tonalität immer noch eine familientaugliche Nummer ist, überlasse ich den Familienmenschen.

Kurz: 3.5 out of 5 Fueltanks

Darsteller:
Molly Parker (House Of Cards, Deadwood)
Toby Stephens (Hunter Killer, Space Cowboys)
Maxwell Jenkins (Chicago Fire, Sense8)
Parker Posey (Dazed and Confused, Adam and Steve)

Staffel 1: 10 Folgen a 47-56 Minuten

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