Der Nebel (2017)
@spreiselbeerle INFOBasierend auf der Kurzgeschichte Der Nebel (1980) von Stephen King entstand vor zehn Jahren eine filmische Adaption mit ordentlichem Ergebnis. Aktuell bietet Drehbuchautor und Produzent Christian Torpe seine Interpretation des Stoffes als Serie an, zu sehen auf Netflix sowie Spike.
Wie in nahezu allen King-Vorlagen spielt die Geschichte um eine Schar Menschen in Not nahe der Kleinstadt Maine. Unerwartet zieht dort eines schönen Tages Nebel auf und bringt Unheil mit sich. Jedoch anders als bei Carpenters Schleierschocker The Fog (auch 1980) steht in Staffel 1 weniger der Horror im Vordergrund, als die menschlichen Abgründe.
Worum geht's?
Die Handlung beginnt mit dem friedlichen Familienleben um Vater Kevin, Mutter Eve und deren 16jähriger Tochter Alex. Die heimelige Idylle wird jäh durch die Nachricht von der Vergewaltigung der Copeland-Tochter gebrochen: Der Sohn des Sheriffs wird beschuldigt sich an Alex vergangen zu haben, was die Gemeinde verständlicherweise in Aufruhr versetzt.
Ungeachtet dessen zieht ein mysteriöser Nebel auf, der den Ausfall aller Versorgungsnetze, desaströse Wahnvorstellungen und in Folge diverse Tode hervorruft.
Lohnt sich die Serie?
Da der Inhalt des Plots für King-Fans bekannt sein sollte, ist der Spannungsbogen der Hauptaspekt: Anfangs schreitet die Handlung eher gemächlich voran. Spätestens ab der sechsten Folge legen Tempo und Schnitt merklich zu.
Wer bis dahin nicht am Spiel der tollen Besetzung Gefallen gefunden hat, verpasst die für King-Stoffe bekannte Spannungsspirale:
Dabei verweben sich bisher erzählte Hintergründe mehrerer Protagonisten mit drastischen Erlebnissen in kurzweiliger Abfolge zu einem spannungsreichen Erzählstrang. Das gelingt den Machern in der ersten Staffel bei Folge 6 und 8 derart gut, dass man sich in der Schreibe Kings wiederfindet - ein bemerkenswertes Erlebnis.
Insgesamt bietet das Ensemble viele Schauwerte. Herausragend sind für mich, die geniale und aus American Horror Story bekannte, Frances Conroy sowie der junge und nicht zu unterschätzende Russell Posner. Auf Letzteren sollte man Acht geben.
Was bleibt?
Nach Betrachtung des unten verlinkten Bonusmaterials stellt man fest, dass Christian Torpe seine Leidenschaft zur Vorlage ohne großes Hollywood-Tamtam umsetzt und mit den sorgfältig ausgewählten Darstellern einiges anzustellen vermag. Oder kurz: Der Mann kann was.
Die Kritik
Auf einer Film-Datenbank-Webseite beschreiben einige Nutzer ihren Unmut bezüglich der stereotypen Charaktere. Diese ist freilich berechtigt: Die Serie erfindet das Rad an Charakterzeichnung nicht neu, meistert gewohnte Mechanismen allerdings mit einer Spur Ironie, Selbstbewusstsein und ein paar unverhofften Momenten.
Serienfreunde werden das Ende der ersten Staffel von Beginn an kommen sehen. Und dennoch machen die Wendungen in der Handlung Spaß.
Btw: Nutzer, die im Interwebbs zu Staffel 1 bereits alles in Grund und Boden schreiben, haben meiner Meinung nach das Konzept einer Serie und/oder den Adressaten nicht verstanden.
Fazit
Wer sich als Kenner der Kurzgeschichte / des Films an diese Serie wagt, erwartet vermutlich viele Krabbelviecher und ein religiös-verklärtes Gesellschaftsdrama.
Das liefert die Serie nur begrenzt und ist gerade deshalb spannend. Denn es geht auch ohne Nachmache. Christian Torpe ist stilsicher genug, sodass ich mir überhaupt keine Sorgen um Staffel 2 mache. Lasst den Kerl abliefern, der kann das.